Wolfgang Joop und sein Ehemann Edwin Lemberg waren auf der Suche nach einem Ort zum Überwintern. Gesucht, gefunden: Eine Finca, die zum Ruhepol wurde.
„Ein Strandhaus ist nur etwas für Touristen“, das behaupten zumindest die Einheimischen auf Ibiza. Nach dieser scharfzüngigen Definition haben Wolfgang Joop und Edwin Lemberg alles richtig gemacht. Zum einen kann man sie kaum als Touristen bezeichnen, denn längst verbringen sie einen Großteil des Jahres auf Ibiza, zum anderen hat das Paar sein festes Quartier in der Mitte der Insel aufgeschlagen, als die beiden vor sechs Jahren auf der Suche nach einem Haus zum Überwintern waren. Auf dem ehemaligen Gut seines Großvaters in Potsdam leben Joop und Lemberg mittlerweile nur noch während der Sommermonate.
Schon Jahre zuvor kamen beide regelmäßig her („Edwin anfangs etwas widerwillig“), um dem Winter in Deutschland zu entfliehen; und oft verlängerten sie noch ihren Aufenthalt. „Bereits im Winter ist hier die gesamte Natur in ein so frisches, strahlendes Frühlingsgrün getaucht, und alles blüht. Davon konnten wir uns einfach nicht losreißen.“ Auf ihren Reisen zogen die beiden dann unweigerlich von Hotel zu Hotel. Doch irgendwann fehlte ihnen ein Ort, um selbst kochen zu können – und zu arbeiten. Also planten sie kurzerhand, eine Immobile auf der Insel zu mieten.
Der Plan: 300 Jahre Geschichte denkmalgerecht sanieren
Ursprünglich war angedacht, in die Altstadt von Ibiza-Stadt zu ziehen. „Mit den ganzen kleinen Cafés stellte ich es mir dort ein bisschen wie auf dem Montmartre vor. Im Sommer ist es dort allerdings sehr, sehr laut. Aber wir haben ohnehin nichts gefunden. Als wir gerade schon Abschied nehmen wollten von unserer Idee einer Immobilie auf Ibiza, wurde uns durch puren Zufall dieses Haus angeboten.“ Genauer gesagt: eine 300 Jahre alte Finca mit parkähnlichem Garten im Inselinneren. „Es gab sicher noch einige andere Interessenten, aber die Besitzerin hatte a little crush on us und sagte: ,Die beiden oder keiner!‘“ Die gebürtige Ibizenkerin und ihr Mann lebten schon lange auf dem Anwesen. „Dieses unverhoffte Angebot war für uns ein großes Kompliment, denn wenn man den Familienbesitz verkauft, in dem man Jahrzehnte gelebt hat, dann ist das schon schmerzlich.“ Aber die Verkäuferin wusste, dass Joop und Lemberg die Finca in Ehren halten würden. „Wir versicherten ihr, dass wir das Anwesen von außen nicht verändern, sondern nur denkmalgerecht sanieren würden.“
Gesagt, gekauft, geplant … Obwohl – planen mussten Joop und Lemberg im Grunde nicht mehr viel, denn die Finca blieb, wie vom Denkmalschutz verlangt, in ihrem Grundriss erhalten. Für kleinere Renovierungsarbeiten sowie die Erneuerung der Bäder und der Küche verpflichteten sie die ortsansässige Architektin María Rodríguez-Carreño. „María ist auf der Insel so gut vernetzt, dass sie schon vor der Deadline fertig wurde.“ Um das Interior kümmerte sich vorrangig Edwin Lemberg. „Auch das ging ziemlich schnell“, erzählt Joop. Das gesamte Mobiliar und die zahlreichen Kunstwerke, die man in dem 300 Jahre alten Gemäuer heute findet, waren alle schon vorhanden – Lemberg arbeitete ausschließlich mit Objekten aus dem Bestand des Paares. Die Auswahlmöglichkeiten waren immens, neu angeschafft werden musste, abgesehen von den Betten und der Küche, nichts.
Erinnerungen an New York: Ein Ort für die Lieblingsstücke
„Uns war es sehr wichtig, dass die Finca nicht wie ein Ferienhaus anmutet, sondern wirklich unser Zuhause wird“, erklärt Wolfgang Joop. „Es sollte alles mehr an unser einstiges Penthouse in New York erinnern als an eine traditionelle Finca. Deshalb sucht man in unserem Interior auch vergeblich nach Objekten im ibizenkischen Stil. Es ist ein eher urbaner eklektischer Ort.“ Die Pied-à-terres in New York und Monaco hat das Paar aufgelöst, das Best-of ihrer Lieblingsobjekte findet sich nun auf Ibiza wieder.
„Als wir damals in New York lebten, entdeckten wir unsere Sammelleidenschaft für Kunst und Design, besonders für die französische Moderne. Arbeiten von Größen wie Jean Royère oder Charlotte Perriand tauchten viel eher dort auf als in Paris.“ Typisch für Jäger und Sammler mit breit gesteckten Leidenschaften, kombinieren Joop und Lemberg gerne Dinge, die man vielleicht nicht auf Anhieb zusammen gesehen hätte. „Wenn etwas exquisit und ein Original ist, wie dieses Haus, dann passen verschiedene Stile gut zueinander. Mit Kontrasten erreicht man einfach die größte Spannung, wenn die Objekte eine ähnliche Qualität haben.“
Die Mischung macht’s: Rokoko, Moderne & Co.
So bezogen sie im Wohnzimmer etwa eine Liege von Jean Prouvé mit lippenstiftrotem Lackleder – „das ist schon ziemlich gewagt“. Dieses Keypiece steht neben einem skandinavischen Vintage-Ohrensessel mit mexikanischem Bezug auf einem marokkanischen Teppich, vor Lichtkästen des Schweizer Künstlers Daniele Buetti. Diese ebenso tollkühne wie glückliche Melange gipfelt in einer eigenwilligen Skulptur von Erwin Wurm: einem Sidetable, durch dessen Platte sich eine übergroße Essiggurke ihren Weg bohrt. In Joops Arbeitszimmer wiederum scharen sich Stühle von Ico Parisi um einen Tisch von Jean-Michel Frank; die Bulthaup-Küche hingegen ist spacig, zeitgenössisch und komplett aus cleanem Edelstahl. Und in der Eingangshalle werden die Hausherren jedes Mal aufs Neue von einer humoristisch-schrägen Heidi-Skulptur von Gerhard Kehl begrüßt. Dazu kombinierten sie ganz selbstverständlich Möbel aus dem Rokoko.
Überhaupt, das Rokoko! Die Epoche Friedrichs des Großen hat für Joop eine ganz besondere Bedeutung, denn sie verbindet ihn mit seiner Kindheit auf dem Potsdamer Gut. „Ich habe damals, mit sechs, sieben Jahren, häufig den Wärter von Schloss Sanssouci auf seinen Gängen begleitet. Irgendwann habe ich mich dort so vertraut gefühlt, dass ich den Stil komplett verinnerlicht habe.“ Ein weiteres Stück Potsdam musste ebenso mit auf die Insel ziehen: In dem mehrere 10 000 Quadratmeter großen Garten ließen sie blaue Schwertlilien – Joops Lieblingsblumen – und Aspirin-Rosen pflanzen, die ihn an den Schlossgarten in Potsdam erinnern.
Wolfgang Joops Finca: Ein Ort der Ruhe und der Kreativität
Joop beschreibt seine Finca als „einen Ort der Ruhe, an dem man den Blick nach innen richten kann, an dem man kreativ werden kann“. Hier schrieb der Modedesigner das 2019 erschienene Buch „Die einzig mögliche Zeit“ (und zwar mit der Hand!) oder entwirft seine Kollektionen wie etwa für Wunderkind. Einen Großteil der Zeit ist sogar ein Team der Fashionbrands vor Ort. „Hier gibt es so wenig Ablenkung, dass man sich in viele Ebenen hineinbeamen und den Rest vollkommen vergessen kann.“
Produktion: Thomas Skroch
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Author: Cheyenne Bailey
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